Fahrbericht Volkswagen Polo 1.6 TDI: Klassenbester

So ändern sich die Zeiten. Vor 34 Jahren begann der Volkswagen Polo seine Laufbahn als Schlichtvariante des Audi 50 mit Türverkleidungen aus Presspappe, aber immerhin schon mit Frontantrieb. Heute stellt Volkswagen den Kleinwagen selbstbewusst als „neue Klasse“ vor. Und in der Tat: Andere wieseln flinker um die Ecken, wirken spektakulärer, bieten mehr Raum, beschleunigen besser, aber in der Summe der Eigenschaften reicht niemand an den neuen Polo heran. 1975 war er eine Notlösung, übernommen von Audi. Heute setzt er die Maßstäbe bei den Kleinen.

Wir fuhren jetzt den Fünftürer TDI in der Ausstattungslinie „Highline“ mit dem 66 kW / 90-PS-Dieselmotor und dem serienmäßig eingebauten Fünf-Gang-Getriebe zum Basispreis von 18 610 Euro. Die Preisliste beginnt zwar bei „Comfortline“ mit dem 51 kW / 70 PS-Benziner und bei 14 150 Euro, aber auch in der einfachsten Variante wird der VW Polo nicht zum Schnäppchen. Und dennoch ist er im Markt ein Renner. Im August lagen nur die beiden Peugeot-Typenreihen 206+ und 207 in der Zulassungsstatistik mit zusammen 19 Einheiten besser als der Polo. Alle anderen landen auf den Plätzen.

Mal sehen, ob die beiden Peugeots, die in der Zulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamtes gemeinsam gezählt werden, auch nach Auslaufen der Abwrackprämie diese Position halten können. Dem neuen Trend zum Kleinwagen folgen – unabhängig auch von staatlichen Zuschüssen – beide Marken. Kleinwagen sind heute nicht unbedingt mehr kostengünstige Zweitwagen, sondern eine Alternative zum größeren Modell, wenn sie dem in technischer Leistung, bei der Sicherheit und beim Komfort entsprechen.

Diesem Trend zu folgen, fällt umso leichter, wenn die Kosten stimmen. Für den TDI passt diese Rechnung; denn sein Durchschnittsverbrauch (nach EU-Norm) liegt bei 4,2 Litern pro 100 Kilometer. Die Schaltanzeige sorgt dafür, dass man sich ständig um die drei vor dem Komma bemüht und sich freut wie ein Schneekönig, wenn nach einer langen Fahrt der Computer meldet, dass man das soeben geschafft hat. 3,7 Liter war unser niedrigster Wert. Im Schnitt aller Praxisfahrten lagen wir bei fünf Litern Diesel. Um die knapp 2000 Euro für den Mehrpreis des Dieselmotors wieder herauszufahren, muss man also mindestens 10 000 Kilometer gefahren sein.

Doch es geht ja nicht nur ums Geld. Mit 230 Newtonmetern (Nm) maximalem Drehmoment schafft der Diesel die 100-km/h-Marke nach 11,5 Sekunden, ein Wert, von dem sein Urahn 1975 nur träumen konnte. Subjektiv fährt sich der Polo TDI flotter als die Zeiten ahnen lassen. Und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h wird er nur noch von der stärksten Diesel-Variante mit 77 kW / 105 PS übertroffen. Die Benziner müssen sich hinter ihm einordnen.

Das zu wissen, mag über den höheren Kaufpreis für den TDI zusätzlich hinwegtrösten. Aber auskosten wird man das selten; denn der Polo ist kein Raser, sondern ein Reise-Mobil mit viel Raum für Fahrer und Beifahrer und ausreichend Platz auf der hinteren Bank. Sein Innenraum trägt auch nicht dazu bei, Emotionen explodieren zu lassen: Alles ist sachlich sinnvoll angeordnet, wirkt angenehm, besteht aus guten Materialien, wie sie in dieser Klasse längst noch nicht üblich sind und zeigt sich als hervorragend verarbeitet.

Das Fahren passt zu dem, was sein Äußeres und sein Innenraum vermitteln. Die Lenkung arbeitet präzise, die Räder blieben auch bei Längsrillen auf Kurs, die Federung mag sich mancher bei einem Polo zwar komfortabler wünschen, aber ihre Härte hält sich in dem Rahmen, den das Fahrwerk braucht, um den Polo auch mal schnell durch enge Kurven tragen zu können, und die Geräusche bleiben bis etwa 120 km/h erstaunlich niedrig.

Auch beim Maßstab für die Kleinwagen haben sich die Zeiten verändert. Der erste Polo wog keine 800 Kilogramm, der neue bringt es auf knapp 1200 kg, nur rund 250 Kilogramm weniger als der Golf. Mit 3,97 Metern Länge rückt er dem Golf (4,21 Meter) auf den Pelz. Mit der neuen Optik sowieso. Wenn gerade kein Golf in der Nähe ist, muss man schon zwei Mal hinschauen, um den Polo zu identifizieren. Man schaut in das gleiche Gesicht und steht vor der gleichen Silhouette.

Damit hat der Polo eigentlich die Kleinwagen-Klasse verlassen und sich in eine neue begeben, die knapp unterhalb der Kompaktwagen- oder Golf-Klasse angesiedelt ist. Es stimmt also, wenn Volkswagen von einer neuen Klasse spricht. Und Klasse hat der neue Polo auch. (ampnet/Sm)

Daten Volkswagen Polo 1.6 TDI Highline

Länge x Breite x Höhe (m): 3,97 x 1,68 x 1,49
Motor: Vierzylinder-Diesel, 1598 ccm, Common Rail, Abgastrubolader
Leistung: 66 kW / 90 PS bei 4200 U/min
Max. Drehmoment: 230 Nm zwischen 1500 und 2500 U/min
Leergewicht/Zuladung: 1157kg/569 kg
Verbrauch (nach EU-Norm): Durchschnitt 4,2 Liter
Emissionen: 109 g/km, Euro 5
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 11,5 Sekunden
Basispreis: 18 610 Euro