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Ford Explorer: Elektro-Ami mit deutschen Genen

Vor drei Jahren legte Ford in Europa den Schalter um. Die Volumenbaureihen Focus, Fiesta und Mondeo, ebenso wie zuvor die Vans C-Max, S-Max, Galaxy wurden ersatzlos gestrichen. Stattdessen sollte das Produktprogramm auf spezielle Zielgruppen und Einsatzzwecke zugeschnitten werden. „Wir werden einen Teil unserer Kundschaft verlieren, aber auch viele gewinnen, die uns lieben werden“, verkündete der damals neue geschäftsführende Direktor für Ford Deutschland, Österreich und die Schweiz, Christian Weingärtner. Zumindest der erste Teil seiner Prognose hat sich für Deutschland bestätigt.

Fords Zulassungszahlen und Marktanteil im Pkw-Markt nahmen laut KBA seit 2021 kontinuierlich ab und dümpeln aktuell mit knapp 77.000 bei 3,6 Prozent, weit hinter Skoda (7,3 %), Seat (5,5 %) und Opel (5,3 %). Ob und wann sich der zweite Part erfüllen wird, bleibt weiter spannend. Wohl als erstes Indiz dafür feiert Ford statt Verkaufszahlen nun seine Beliebtheit in den sozialen Medien, wo man „die Automarke Nummer 1 auf Youtube und Tiktok“ sei und die „Reichweite verdreifacht“ worden wäre. Geschäftsführer Christian Weingärtner sieht sich nach wie vor „auf dem richtigen Weg“, will im europäischen Wettbewerb der „austauschbaren Modelle“ stärker differenzieren und „mehr Ford“ wagen.

Neben „Hero-Cars“ wie dem Mustang, jetzt mit noch stärkerem V8-Motor (446 PS) und Dark-Horse-Sondermodell mit 453 PS, dem Pick-up Ranger oder dem wuchtigen SUV Bronco soll das jetzt mit den neuen Elektromodellen Explorer und Capri gelingen. Beide werden im Kölner Werk gefertigt, das für rund zwei Milliarden US-Dollar (ca. 1,85 Milliarden Euro) in das „Cologne EV Center“ (CEC) umgebaut wurde. Mit angesichts der aktuellen Abkühlung im E-Automarkt kühnen Ambitionen. Bis 2026 will Ford mehr als 600.000 E-Fahrzeuge pro Jahr in Europa verkaufen. Dazu soll dann auch ein elektrischer Puma als kleinstes Modell der Marke zählen.

Den Anfang im CEC macht seit vergangenem Monat der Explorer, der im Gegensatz zur US-SUV-Ikone ein sehr europäisches Format von 4,47 Meter in der Länge, 1,87 Meter in der Breite und 1,63 Meter in der Höhe zeigt. Mit einiger Verspätung soll die Markteinführung des Elektro-SUV noch in diesem Jahr endlich beginnen. Wenn auch zunächst nur in den stärkeren Versionen als Hecktriebler mit 210 kW (286 PS) sowie als Allradvariante mit zwei Motoren und 250 kW (340 PS). Als Stromspeicher dient in beiden Fällen eine „Extended Range“-Batterie mit 77 kWh oder 79 kWh (Allrad), die im besten Fall Normreichweiten von mehr als 600 Kilometern ermöglichen soll. Mit Schnellladeleistungen von bis zu 185 kW (Allrad) soll der Akku in 26-28 Minuten wieder zu 80 Prozent gefüllt sein.

Wem das bekannt vorkommt: Technisch basiert der Explorer, ebenso wie das vollelektrische Crossover-Pendant Capri, auf der MEB-Plattform von Volkswagen, die auch ID 4, Audi Q4 und Skoda Enyaq nutzen. Doch davon ist dem kompakten Elektro-Ami nichts anzusehen. Das ebenfalls in Köln entstandene Design wirkt mit glatten und harmonischen Rundungen sehr eigenständig und stimmig. Ins Auge fällt die Frontpartie ohne Kühlergrill, aber dafür mit prominent platzierten Marken und Modell-schriftzügen, bündig integrierten LED-Scheinwerfer in Hakenform sowie der wulstigen Unterbiss-Schürze. An den Flanken richtet sich der Blick auf die groß ausgeschnittenen Radhäuser, in den sich 19-21 Zoll große Räder drehen, und die breite C-Säule mit dem perspektivischen Balken-Tattoo. Die sanft abfallende Dachlinie läuft in einem Spoiler aus, das dezent gestufte Heck mit der schmalen Heckscheibe und den optisch verbundenen Rückleuchten wirkt kompakt und geschlossen. Keine Frage, die Karosse hebt sich ab vom aerodynamisch normierten Elektro-Einheitsbrei und hat so gar nichts mit den ID-Stromern gemein.

Ein vertrautes Bild bietet sich hingegen im Innenraum. Von dem 5,3 Zoll kleinen Cockpitbildschirm, der die wichtigsten Fahrdaten, den Akku-Stand und die aktiven Fahrer- Assistenzsysteme anzeigt, über die Bedienhebel am Lenkrad, den Funktionstasten für Fensterheber und Fahrlicht bis hin zur Form des Autoschlüssels, ist alles eins zu eins von VW übernommen. Auch das recht eckig geformte Lenkrad erscheint zunächst originär, bis der Blick auf dessen Slider-Bedientasten für die Lautstärke fällt. Allein der Infotainment-Touchscreen ist mit 14,6 Zoll deutlich größer dimensioniert und hochkant auf der Mittelkonsole platziert. Auf dessen Display lässt sich das Fords Konnektivitätssystem SYNC Move wie beim Smartphone über große Schieberegler auf dem Startbildschirm einfach und intuitiv bedienen. Darüber spannt sich eine modern gestaltete Soundbar.

Cleveres Detail: Der Bildschirm ist in der Neigung stufenlos um mehr als 30 Grad zu verstellen und von Hand hochzuschieben. In der niedrigsten Stellung dient er dann quasi als abschließbare Abdeckung für den „Private Locker“, da er nicht mehr nach oben geschoben werden kann, wenn der Wagen ausgeschaltet ist. Der in den Armaturenträger integrierte Stauraum schützt damit nicht nur persönliche Gegenstände vor neugierigen Blicken, für das Aufladen von mobilen Geräten gibt es dort auch auch noch zwei USB-C- Anschlüsse. Zwei weitere Schnittstellen finden sich im Bereich der Rücksitze sowie eine induktive Ladestation unterhalb des Bildschirms für zwei Großbild-Smartphones.

Weitere Ablagemöglichkeiten finden sich im eher technisch-cool gestalteten Innenraum auch unterhalb der Armlehne in der Mittelkonsole. Dank des nicht vorhandenen Getriebetunnels entstand dort ein 17 Liter fassender Stauraum, der mühelos einen Laptop oder drei 1,5-Liter-Flaschen nebeneinander schluckt. In den Kofferraum passen 450 Liter im Normalzustand und bis zu 1422 Liter bei umgeklappter zweiter Sitzreihe. Das Ladekabel findet unter einem doppelten Boden Platz.

Mit 2,77 Meter Radstand bietet der Fünfsitzer bequem Platz vorne wie hinten. Einen sportlichen Touch bekommt der Innenraum durch die passgenauen Vordersitze mit integrierten Kopfstützen. Sie sind auf der Fahrerseite 12-fach elektrisch verstellbar, beheizbarbar und schon in der Einstiegsversion mit einer Massagefunktion für den Lendenwirbelbereich ausgestattet. In der von uns gefahrenen Premium-Version (ab 53.200 Euro) kommt noch eine Ambiente-Beleuchtung hinzu, die sich individuell oder nach dem gewählten Fahrmodus anpassen lassen.

Davon gibt es fünf: Normal, Sport, Eco, Individual und bei unserem Premium-Allradmodell noch Traction. Gut zu wissen, aber im automobilen Alltag auch eher zu vernachlässigen. Wir fahren „normal“ und erfreuen uns an der ansatz-und nahtlosen Beschleunigung, mit der die beiden Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse mit 250 kW Systemleistung und insgesamt mehr als 670 Nm Drehmoment das immerhin doch gut 2,2 Tonnen schwere Gefährt in 5,3 Sekunden auf Tempo 100 katapultieren. Damit wäre er mit den entsprechenden GTX-Modellen von VW auf Augenhöhe. Doch während die Performance eines Elektroantriebs nach dem Kennste-einen-kennste-alle-Prinzip ausfällt, sind die Unterschiede im Fahrverhalten doch deutlicher.

Denn Ford bleibt auch bei den Stromern seinen bekannten Tugenden treu und hat das Elektro-SUV noch einen Tick agiler abgestimmt als die Wolfsburger. So handlich wie der im Vergleich zum ID 4 zwölf Zentimeter kürzere Explorer erscheint, ist auch das Fahrwerk etwas straffer ausgelegt, zeigt eine gute Anbindung zur Fahrbahn, kaum Abrollgeräusche und auch bei schnelleren Kurvenfahrten nur minimales Wanken. Allein die Lenkung dürfte, gerade im Sport-Modus, eine direktere Rückmeldung vertragen. Doch in der Stadt sind solche Nickeligkeiten schnell vergessen, wenn der Wagen flink die Spuren wechselt und mit seinem kleinem Wendekreis auch enge Manöver meistert.

Aber auch bei den Preisen bewegt sich Ford durchaus selbstbewusst auf Augenhöhe zu seinem niedersächsischen Technikpartner. Die Preise beginnen aktuell für den Explorer mit Hinterradantrieb und 77 kWh-Batterie bei 48.510 Euro, die Allradvariante mit 79 kWh-Akku kostet 53.500 Euro. Ein später folgendes Basismodell mit 125 kW (170 PS) und 52-kWh-Standardbatterie soll auch schon ab 42.500 Euro zu haben sein. Neben einer bereits üppige ausgestatteten Einstiegsversion, u.a. mit Massagefunkton für den Fahrersitz, 2-Zonen-Klimaautomatik, Navigation, 19-Zoll-Aluräder, gibt es nur noch eine luxuriöse Premium-Ausstattung mit B&O Sound-System, Ambientebeleuchtung, LED-Matrix-Scheinwerfer, elektrischer Heckklappe sowie einem Sicherheitspaket mit 15 Assistenzsystemen. Auch die Optionsliste ist kurz, unter anderem eine Wärmepumpe für 1050 Euro oder eine schwenkbare Anhängervorrichtung für 900 Euro. (aum)

Daten Ford Explorer AWD

Länge x Breite x Höhe (m): 4,47 x 1,87 x 1,63
Radstand (m): 2,77
Antrieb: Elektrisch, 250 kW (340 PS), Allradantrieb, Automatikgetriebe
Max. Drehmoment: 545 Nm (Heckmotor) & 134 Nm (Front)
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 5,3 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 16,6 kWh
Reichweite (WLTP): 532 km
Ladeleistung: 11 kW AC/ 88 kW DC
Leergewicht / Zuladung: 2179 kg / 561kg
Kofferraumvolumen: 445-1422 Liter
Anhängelast: 1200 kg
Basispreis: 53.500 Euro
Testwagenpreis: 58.506 Euro

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Foto: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald

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